Tobago Cays - so hatten wir uns das nicht vorgestellt!Gegen 16.15 Uhr legten wir ab, um noch rechtzeitig vor Dämmerung
an den Ankergründen in den Tobago Cays anzukommen. Leider kamen wir
dort nie an...Fröhlich fuhren wir auf der engen Fahrrinne zu den
Cays dahin, Katharina am Steuer. Als sich die Wassertiefe schnell verringerte,
griff sich Andreas das Ruder. Bei weiter abnehmender Wassertiefe stoppte er das Boot mit Vollgas rückwärts - doch die
unsichtbare Gezeitenströmung (ca. 2Knoten!) trieb uns weiter auf das
Riff, obwohl sich das Boot gegenüber dem Wasser nicht bewegte. Plötzlich
ruckelte es - und wir hatten das Riff berührt. Obwohl Andreas befahl,
dass jemand ins Wasser springen sollte, zögerten alle - niemand wusste
exakt, was er dort schauen sollte, denn dass wir auf einem Riff saßen,
das hatten wir auch von Deck aus bemerkt. Mit Vollgas zurück half ebenso wenig wie, durch das
Setzen der Genua den Kiel zu heben. Als dann Katharina und Matthis - auf
dem Riff stehend - Meldung erstatteten, dass wir mitten drauf saßen
und kein Weg heraus sichtbar war, funkte Frank die Stardust-Marina an.
Sofortiger Kontakt und das prompte Versprechen, ein Speedboot werde sofort
auf den Weg zu uns geschickt. Mit jeder Welle knallte der Schiffsrumpf auf das Riff,
es krachte deutlich und hörte sich schrecklich an. Noch während wir auf das Stardust-Boot warteten,
kamen zwei Schwarze in ihren Booten und boten uns an, uns vom Riff zu ziehen.
Wir fragten per Funk bei Stardust an, was wir tun sollen und ob wir die
Hilfe zwecks Schadensbegrenzung annehmen sollten. Antwort: "Negativ, negativ,
negativ!" Wenn sie uns an ihrem Tau gezogen hätten, dann wären
wir womöglich seerechtlich eine Prise geworden. Sie kreisten noch
um unser Boot, als die Starduster ankamen. Sofort kamen sie an Deck und
übernahmen das Kommando. Weil sich auch bei ihren Bemühungen
das Boot nicht bewegte, forderten sie per Funk ein stark motorisiertes
Boot an, das auch bald darauf eintraf. Sie versuchten, das Boot vom Riff zu ziehen. Mittlerweile
war es dunkel geworden. Nur weil es Vollmond war, konnten die Rettungsarbeiten
weitergehen. Unsere zwei dicksten Taue rissen, die Frontreling brach
ab. Wir waren alle unter Deck und packten unsere Taschen - für den
Fall, dass wir das Boot überstürzt verlassen müssen. Der Schiffsrumpf verdrehte sich enorm, die Verwindungen
sorgten dafür, dass die Bilgenabdeckungen und der Tisch sich zentimeterhoch
hoben und senkten. Es krachte und knackte wahrlich unheimlich. Als das
Boot sich einmal fast komplett zur Seite legte, war uns allen mehr als
mulmig zumute. In dem ganzen Tohuwabohu suchte Andreas den Logbuchzettel.
Ihm war eingefallen, dass er es etliche Tage lang nicht ausgefüllt
hatte. Mit Hilfe von Anja und diesem Tagebuch machte er sich daran, die
fehlenden Tage und Angaben zu ergänzen. Unter Deck konnten wir dem Funkkontakt zwischen Stardust-Büro
und den Rettern entnehmen, dass sich das Boot keinen Zentimeter bewegt
hat und beim obersten Chef um Erlaubnis nachgefragt wurde, das Schiff aufzugeben
und uns zu evakuieren. Zusätzlich kam nämlich erschwerend hinzu,
dass die Gezeiten gegen uns spielten und vom Zeitpunkt unseres Aufsetzens
bis etwa drei Uhr morgens 60 Zentimeter niedrigeres Wasser war. Wir wurden aufgefordert, zwei Leute zu benennen, die im
Boot bleiben sollten, der Rest der Crew sollte mit den Stardust-Leuten
nach Union Island fahren. Gegen 7 Uhr am nächsten Morgen sollten die
Rettungsarbeiten fortgesetzt werden. Obwohl vom Eigner bereits die offizielle
Erlaubnis vorlag, die Denis aufzugeben, wollten die Stardustler noch zwanzig
Minuten lang weiterprobieren. Kurz vor Abbruch der Bergungsaktion entdeckte
Andreas auf dem GPS eine kleine Positionsänderung. Tatsächlich
hatte sich das Schiff bewegt, was für alle Beteiligten eine Riesenüberraschung
war. Keine fünf Minuten später war die Denis frei. Gerettet! Das starke Motorboot zog die Denis zurück in den
Hafen von Clifton. Noch nachts tauchte Andreas mit Franks wasserdichter Taschenlampe
das Boot ab, um die Schäden zu besichtigen. Zu seinem großen
Erstaunen sah man am Kiel gar nichts, der Rumpf hatte einige sichtbare
Kratzer und erwartungsgemäß fehlte das untere Viertel des Ruders.
Viel weniger Unterwasserschaden also als erwartet. Alle Bilgen waren dicht,
wir konnten auf der Denis übernachten. Da die meisten so nervlich
angespannt waren, war an Schlaf kaum zu denken - bis auf Matthis und Anja,
die gleich in die Kojen fielen. An Deck diskutierten die anderen noch lange
die Ereignisse und Joachim bekräftigte nochmals seine Entscheidung,
so bald wie möglich das Boot zu verlassen - eine allgemeine Verbalabrechnung. |